Offener Brief an die jüdische Kultusgemeinde Wuppertal
Sehr geehrter Herr Goldberg,
wir, die Freie evangelische Gemeinde Wuppertal Vohwinkel, möchten Ihnen und Ihrer Gemeinde, stellvertretend für alle unsere jüdischen Mitbürger*innen in Deutschland, unsere Solidarität und unser Mitgefühl ausdrücken, sowie unsere Unterstützung anbieten.
Gerade mit der jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal sind wir schon seit Jahrzehnten durch Be suche der Synagoge und durch die Teilnahme an Gottesdiensten verbunden und erinnern uns immer wieder gerne an die Gastfreundschaft, mit der wir stets bei Ihnen empfangen wurden.
Umso mehr nehmen wir mit Erschrecken und absolutem Unverständnis den wieder wachsenden Antisemitismus in Deutschland, im Kontext des Terroranschlages der Hamas, wahr. Wir sehen mit Sorge, dass heute wieder jüdische Mitbürger*innen gefährdet sind, wenn sie sich öffentlich zu ihrer Religion bekennen und diese leben. Wir verurteilen, dass antijüdische und antiisraelische Stimmen in Deutschland wieder immer lauter werden und in einigen Teilen der deutschen Gesellschaft wieder offen vertreten werden.
Darüber hinaus ist uns die Komplexität der Situation im Nahen Osten durchaus bewusst. Wir verurteilen ausdrücklich jede Gewalt gegen Zivilpersonen und beten für eine baldige Lösung des Konfliktes, mit dem Ziel eines dauerhaften Friedens, im Nahen Osten.
Wenn es Möglichkeiten der gemeinsamen Zusammenarbeit gibt, würden wir uns freuen auch auf diesem Wege unsere Verbundenheit zu zeigen.
Mit herzlichen Grüßen
FeG Vohwinkel
Überreicht wurde dieser offene Brief an Herrn Goldberg und die jüdische Kultusgemeinde im Rahmen des Chanukka-Festes im Dezember 2023.
Haltung der Freien evangelischen Gemeinde Vohwinkel zu fremdenfeindlichen und demokratiegefährdenden Tendenzen in unserer Gesellschaft
Die aktuelle weltpolitische und wirtschaftliche Situation fordert uns als Einzelne und als Gemeinschaft heraus. Wir als Freie evangelische Gemeinde Vohwinkel möchten diesen Herausforderungen im Vertrauen auf unseren Herrn Jesus Christus durch ein solidarisches, von Nächstenliebe geprägtes
Miteinander begegnen.
Mit Sorge betrachten wir populistische Strömungen und menschenfeindliche Propaganda in Europa und hier in Deutschland, die ein gleichberechtigtes, demokratisches Miteinander zurückdrängen oder gar unmöglich machen wollen. Wir befürchten, dass der Fremdenfeindlichkeit und der kulturellen
Ausgrenzung in Deutschland ein (neuer) Nährboden bereitet wird. Wir als Gemeinde möchten uns von solchen Bestrebungen und dem damit verbundenen Gedankengut klar distanzieren. Wir sind dankbar für unsere demokratische Grundordnung, wie sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
verankert ist. Diese muss geschützt werden – sie gibt auch uns als Christen und Christinnen Raum für Mitgestaltung einer weltoffenen, vielfältigen und bunten Gesellschaft.
Als Freie evangelische Gemeinde Vohwinkel betonen wir, dass jeder Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist und daher eine unveräußerliche Würde besitzt. Alle Menschen sollen respektvoll und gerecht behandelt werden – unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft oder ethnischer Zugehörigkeit. Darum haben nationalistische menschenverachtende Hetze, Rassismus, Antisemitismus, demokratiegefährdende Tendenzen sowie jegliche Form von totalitären und extremistischen Ideologien keinen Platz in unserer Gemeinde. Wir lehnen alle Formen von Hassrede und Diskriminierung, die darauf abzielen, Spaltung und Feindschaft zu schüren, und Gewalttaten jeder Art entschieden ab!
Stattdessen erinnern wir – auch uns selbst – an das Gebot der Nächstenliebe, das mit Spaltung und Feindseligkeiten unvereinbar ist. Gottes Liebe kennt keine Grenzen, sie gilt jedem Menschen! Daher wollen wir bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen auf
Versöhnung und Dialog setzen. Wir haben in unserer Gemeinde erlebt, dass großer Gewinn daraus entstehen kann, wenn wir unsere Türen und Herzen öffnen und Menschen aus verschiedenen Kulturen und Nationen zusammenkommen, um einander zu unterstützen und Leben und wo möglich auch
Glauben zu teilen. Obgleich diese Erfahrungen nicht ohne Herausforderungen waren, bestärken sie uns in unserem Engagement für Offenheit und Integration.
Wir möchten jede und jeden ermutigen, gerade polarisierende Nachrichten oder Aussagen sowie plakative Schlagzeilen stets kritisch zu prüfen und die eigene Haltung immer wieder in das Licht der Liebe und Gnade Gottes zu stellen. Getragen von dieser Liebe können wir als Bürgerinnen und Bürger
durch unser Handeln, unsere Haltung und nicht zuletzt unser politisches Stimmrecht aktiv zu einem von Gottes Geist geprägten Miteinander beitragen.
Bild: Jorgo Schäfer
Foto (Auschnitt) der Barmen-Skulptur „Die Ja-Sager und die Nein-Sager“ von Ulle Hees
Die Bekenntnissynode in Barmen 1934 ermutigt uns mit ihrer ‚Barmer Erklärung‘, auch heute auf Grundlage unseres christlichen Glaubens Stellungen zu gefährlichen gesellschaftlichen Entwicklungen zu beziehen.